UBER MODERNE MALEREI

'Kennen Sie diesen Picasso?' fragt der Dichter Rainer Maria Rilke (1875- 2926) im September 1915 eine Freundin, und schon in der Frage schwingt die Begeisterung mit, von der seine Beschreibung des Bildes dann erfüllt ist. er beschreibt Picassos 'Todeines Harlekin' nicht mit den Augen eines Kunstkritikers, sondern mit den Augen eines Dichters, für den die Verwandlung des Angeschauten in Bild-Gegenstände ein Leben lang Faszination und Herausforderung zugleich war. Und er gibt in diesem Brief seine Definition des Kubismus. Vor diesen Zeilen liegt ein Jahrzehnt intensiver Bild-Wahrnehmung, intensiver Auseinandersetzung mit moderner Malerei - 'modern ' insofern, als die Maler und Werke, auf die Rilke seine Aufmerksamkeit richtet, heute zu den Klassikern der Moderne zählen: van Gogh, Cézanne, Picasso, Paul Klee, Oskar Kokoschka, Paula Moderson-Becker und Sophie Giauque. Die erstmals gesammelte Äußerungen Rilkes zu diesen Malern sind nicht nur ein Dokument für die Modernität seiner Kunstauffassung und die Souveränität seines künstlerischen Urteils.